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2. interkommunales Netzwerktreffen der Steuerungsgruppen - Kommunale Steuerung und Qualitätsentwicklung von OGS im Zusammenwirken von Jugendhilfe und Schule (II)

Das zweite interkommunale Netzwerkstreffen der kommunalen Steuerungsgruppen am 01.07.2021 vertiefte im ersten Teil die koordinierte Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule, in Hinblick auf die themengeleitete und handlungsfeldübergreifende Zusammenarbeit in kommunalen Verwaltungsbereichen. Einen Einblick in die Praxis gewährte an diesem Tag Nicole Börner, welche die kommunalen Verwaltungsstrukturen der Stadt Kamen vorstellte. Im zweiten Teil der Veranstaltung rückten die Teilnehmenden im Projekt DialOGStandorte die gegenseitigen Rollenerwartungen der Professionen, unter der Frage „Was heißt Jugendhilfe im Ganztag?“, in den Fokus. 

Unter dem Grundsatz von „fordern und fördern auch in der Verknüpfung von Arbeits- und Verwaltungsbereichen“ berichtete Nicole Börner, Gruppenleitung des Fachbereichs Jugendhilfe und Prävention in Kamen, von ihren Erfahrungen und der Entwicklung eines „kommunalen Gesamtblickes“. Dieser entstand durch die transparente Kommunikationskultur und dem Wissen über die Notwendigkeit der Kooperation unter allen Beteiligten. Neben gemeinsamen Dienstbesprechungen unterschiedlicher Fachbereiche (z.B. Schule, Sport, Jugendhilfeplanung, Soziales, wirtschaftliche Jugendhilfe), einem Arbeitskreis von Schul- und Jugenddezernenten, gemeinsamer Gremien- sowie Projektarbeit, gilt es in der täglichen Arbeit ebenso eine Abgrenzung ordinärer, rechtlich festgelegter Aufgaben und Perspektiven zu berücksichtigen. Charakteristikum der Zusammenarbeit ist hier die Qualität der Schnittstellenarbeit, wodurch gemeinsame Potentiale ausgeschöpft werden und bedarfsgerechte Angebote sowie Strukturen entstehen können.

Eines von insgesamt vier Schnittstellenprojekten in Kamen ist das Qualitätsentwicklungsprojekt „OGS gemeinsam gestalten - vom Kind aus denken!“. In ihrem Vortrag berichtet Frau Börner über das dreijährige, vom MKFFI NRW geförderte Projekt. Interessante Impulse gab die Referentin unter anderem mit der Präsentation der Methode der „digitalen Zukunftswerkstatt“, welche im Rahmen des Projekts mit Schüler:innen durchgeführt und pädagogisch begleitet wurde. Anhand von drei Phasen konnten die Kinder ihre Kritik, Anregungen und Wünsche anhand eines „Maxboards“ sammeln und später mittels Fotos, Modellen und kreativer Methoden darstellen. So konnten Kinder partizipativ beteiligt und Ergebnisse für die konzeptionelle Weiterentwicklung an den einzelnen Schulstandorten gewonnen werden.

Als elementar für die Arbeit im Projekt beschrieb Frau Börner die Haltung, jeden Schulstandort als individuell zu betrachten und von einer Eigenmotivation auszugehen, denn „die Qualität ist deutlich höher, wenn mit Überzeugung und Eigenengagement mitgewirkt wird“. Vor allem der Zugang und die konkrete Umsetzung der Beteiligung von Eltern wird unter den aktuellen Pandemie-Bedingungen angepasst. Die grundsätzliche Motivation, Themen abseits der Corona-Pandemie zu bearbeiten, spiegelte sich in der breiten Beteiligung aller Akteure wider.


Praxisbeispiel Kamen - Nicole Börner


In der anschließenden Gruppen- und Diskussionsphase richteten die Teilnehmer:innen den Blick auf die Systeme Jugendhilfe und Schule und stellten die Unterschiedlichen Rollen und Aufgaben der Akteure im Arbeitsfeld “Ganztagsschule” heraus. Diskussionsleitende Frage war: “Was heißt Jugendhilfe in der Ganztagschule konkret und welche Rolle hat sie?”

Nachfolgend in Stichworten und zusammengefasst die Rückmeldungen aus den Diskussionsergebnissen differenziert nach Systemen:

Jugendhilfe

  • bietet niedrigschwellig Kontakt zu Eltern und hat einen ganzheitlichen Blick auf die Kinder
  • verfolgt im Vergleich zur Schule eine weniger stark ausgeprägte Leistungsperspektive 
  • wird oft nicht als eigenständiges Feld mit Erziehungs- und Bildungsauftrag verstanden, sondern bedeutet für viele noch immer „Verwahrung“ und „Betreuung“ in der Nachmittagsbetreuung
  • möchte mehr im schulischen Vormittag verankert werden; Schulpersonal im Nachmittag stärker präsent sein
  • kommt oft an ihre Grenzen im System der Schule und empfindet sich teilweise als „unwirksam in ihren pädagogischen Bestrebungen“

Schule

  • benötigt Strategien, um die Jugendhilfe in die Schulabläufe zu integrieren und konkrete Anforderungen zu formulieren
  • möchte den Blick individuell auf einzelne Schulstandorte werfen, um den Blick „von innen zu öffnen“
  • muss zukünftig stärker, die Gemeinsamkeiten anerkennen und vorhandene Potentiale der Jugendhilfe ausschöpfen

Als ein zentrales Ergebnis der Austauschphase zeigte sich, dass auch nach nunmehr 15 Jahren “Trägermodell” in der Primarstufe in NRW die spezifischen Rollen, Aufträge und wechselseitigen Erwartungen in der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule nach wie vor nicht eindeutig definiert sind. Um eine gemeinsame Grundlage der Kooperation und Zielsetzung zu fördern, ist es nötig, diese Rollenerwartung explizit herauszuarbeiten und zu konkretisieren. Dabei gilt es, Gemeinsamkeiten aber auch Eigenlogiken und Eigenheiten der Partner nicht aus dem Blick zu verlieren. Der Fokus der Kooperation sollte, laut den Vertreter:innen der Jugendhilfe, mehr auf die gemeinsame und umfangreiche Unterstützung der Kinder und Eltern gerichtet werden. 

Die Teilnehmer:innen stimmten darin überein, dass die Jugendhilfe zukünftig, insbesondere als Folge der Umsetzung des Ganztagsförderungsgesetzes (GaFöG), eine größere Rolle im System Schule einnehmen wird. Hervorgehoben wurde dabei, dass die gemeinsame und strukturierte Zusammenarbeit gerade mit Blick auf die Entwicklungschancen von Kindern als besonders wertvoll angesehen wird.